VIRTUAL-PATIENT
Virtuelle Patient:innen in der medizinischen Lehre
3D-Technologie revolutioniert die Lehre durch den Einsatz virtueller Patient:innen. Die Vermittlung zielgerichteter Anamnesegespräche in der Inneren Medizin ist ein Beispiel dafür, wie realitätsnahe Lehrinhalte durch den Einsatz von virtuellen Patient:innen effektiv und kosteneffizient vermittelt werden können.
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Einsatz in der Lehre
Im Rahmen der Lehrveranstaltung „Block 27 – Innere Medizin“ wurde eine dieser Personen bereits erfolgreich als virtuelle Patientin innerhalb von Fallpräsentationen eingesetzt, um die korrekte Durchführung eines zielgerichteten Anamnesegesprächs zu lehren - eines der wichtigsten Instrumente in der Medizin.
Die Vortragenden (ein interdisziplinäres Ärzt:innen-Team) haben einen realen Fall aus der Klinik nachgestellt. Ihnen hat sich eine Patientin mit bestimmten Erkrankungszeichen präsentiert. Durch gezielt gerichtete Fragen, auf die die Patientin laut Skript geantwortet hat, konnte der Fall gemeinsam gelöst werden.
Eine abschließende Umfrage hat gezeigt, dass eine hohe Akzeptanz unter Studierenden besteht, der Einsatz der neuen Technologie die Lehrveranstaltung bereichert hat und generell der Einsatz von 3D Animationen zur Aufwertung der Lehre weiter ausgebaut werden soll.
Die Erzeugung von virtuellen Welten und Charakteren nimmt in der Industrie (Unterhaltungsindustrie, Medienindustrie, Flugindustrie, Freizeitindustrie, etc.) einen immer breiteren Raum ein. Neben Spielfilmen und Computerspielen kommt diese Technologie auch vermehrt in Dokumentarfilmen und Lehrprogrammen zum Einsatz.
Auch wenn es in der medizinischen Lehre bereits erste Ansätze gibt, wird dieses Feld hier noch vernachlässigt. Dies liegt vorallem daran, dass besonders an nicht-technischen Hochschulen meist die Expertise fehlte und die hierfür entstehenden Kosten für die Erzeugung derartiger Lehrmedien zu hoch waren. In den letzten Jahren wurden in diesen Technologien jedoch große Fortschritte erzielt. Die entsprechende Software und Hardware ist inzwischen wesentlich leichter zugänglich und vergleichsweise kostengünstig geworden. Man kann sich die Expertise bereits autodidaktisch und ohne eine teure spezifische Ausbildung aneignen, da es im Internet viele freie verfügbare Ressourcen zum Erlernen gibt (YouTube, Communities, etc.).
Darüber hinaus haben Studierende durch ihren stetig steigenden Medienkonsum eine hohe Erwartungshaltung an die Qualität und das Format der digitalen Lernunterlagen.
Des Weiteren werden mit realitätsnahen Lehrinhalten leichter Emotionen geweckt und sind dadurch einprägsamer.
Mehrwert
Der Einsatz von VIRTUAL PATIENT hat einen potentiell großen Nutzen in der medizinischen Lehre, besonders dort wo reale Patient:innen oder Simulationspatient:innen nicht eingesetzt werden können.
Ein großer Vorteil der virtuellen Patient:innen ist vor allem, dass datenschutzrechtliche Probleme durch die Nutzung der virtuellen Fallvignette wegfallen. Das führt zu einer deutlichen Erleichterung im Bezug auf die Lehre.
Virtuelle Personen sind flexibel einsetzbar. So kann man diese als Bild oder als kurze Videoclips in Präsentationen einbauen oder in Lehrvideos.
Umsetzung
- Mithilfe des "MetaHuman Creators" wurden eine Auswahl an Personen mit unterschiedlichem Aussehen (Hautton, Größe, Altersmerkmale, Physiognomie, etc.) erstellt und den Blockkoordinator:innen vorgelegt.
- In Unreal Engine (eine 3D Game Engine) wurde mit Krankenhaus-Assets ein virtuelles Arztimmer erstellt und der ausgewählte “MetaHuman” als Patientin eingefügt.
- Für das Anamnesegespräch wurde ein Skript mit Fragen und Antworten erstellt.
- In einem provisorisch eingerichteten Studio hat der Lehrende zusammen mit einer Mitarbeiterin den Text eingesprochen. Währenddessen wurde die Gesichtsmimik mit einer iPadkamera (App: Live Link Face) erfasst und in Gesichtsanimationen umgewandelt. Die Körperbewegungen wurden später nachgestellt und mithilfe von drei iPhones aufgezeichnet und mit dem Programm/Service Move.ai in Animationen umgewandelt.
- Die Gesichts- und Körperanimationenen und wurden in Unreal Engine auf den virtuellen Charakter übertragen und auf einander abgestimmt.
- Die einzelnen Antwortsequenzen wurden gerendert und in DaVinci Resolve mit den Tonaufnahmen synchronisiert und in separate Videoclips exportiert.
- Die Videoclips wurden in die Fallpräsentation in Powerpoint eingebettet und schlussendlich im Rahmen der Lehrveranstaltung online per Webex präsentiert.
Für die Realisierung des virtuellen Charakters wurden unterschiedlichste Hardware und Softwareprodukte genutzt.
- Unreal Engine
Kostenlose Game Engine zur Erstellung von Spielen und Filme
https://www.unrealengine.com/ - MetaHuman Creator
Kostenlose Erweiterung zur Erstellung von virtuellen Menschen
https://metahuman.unrealengine.com/ - Modular Hospital Asset
Krankenhausbezogene 3D Objekte
https://www.unrealengine.com/marketplace/en-US/product/modular-hospital - Live Link Face
Kostenlose iOS App zur Erfassung Gesichtsanimation in Echtzeit
https://apps.apple.com/us/app/live-link-face/id1495370836 - Move.ai
Kostenlose (Beta-Version) Software zur Erfassung von Körperbewegung mithilfe von iPhones
https://www.move.ai/ - DaVinci Resolve
Kostenloses Videoschnittprogramm
https://www.blackmagicdesign.com/products/davinciresolve/
Akzeptanz
Am Ende des Semesters erfolgte eine Erhebung mittels eines anonymen Online-Fragebogens, um ein detailliertes Feedback der Studierenden zu erhalten.
Das virtuelle Patient:innegespräch empfanden 82% der Studierenden als Hilfe für das Führen von Anamesegeprächen. Ebenfalls 82% sind der Meinung, dass das virtuelle Gespräch die Lehrveranstaltung aufgewertet hat. Für 83% war die Darstellung der Patientin für das Vermitteln der Lehrinhalte realistisch genug. 88% sind der Ansicht, dass der Einsatz von virtuellen Patient:innen einen innovativen Lehransatz in der Lehre darstellt und in der Lehre an der Universtität weiter ausgebaut werden soll (84%). Die Universität soll den generellen Einsatz von 3D Animationen (z.B. 3D Organe, 3D Patient:innen, 3D Simulationen,...) zur Aufwertung der Lehre ausbauen (92%).
Die Umfrage belegt, dass der Einsatz der virtuellen Patientin die Lehrveranstaltung bereichert hat, didaktisch wertvoll empfunden wird und generell der Einsatz von 3D Animationen zur Aufwertung der Lehre weiter ausgebaut werden soll.
Möglichkeiten
Das Projekt hat gezeigt, dass Animationen und 3D Charaktere mit kostengünstigen Methoden erzeugt werden können. Das Spektrum der Erweiterungen ist enorm. So können jegliche medizinische Szenarien, Personen und Umgebungen in einem sicheren Rahmen nachgestellt werden. Die erzeugten Animationen können nicht nur in Lehrveranstaltungen, sondern auch in Lehrvideos, Lehrspielen (Gamification) oder Prüfungen (OSCE) zum Einsatz kommen.